

Wir alle sind Skipperinnen und Skipper: Wir leiten Teams an, entwickeln unser eigenes Business, managen Familien, trainieren Sportgruppen oder organisieren Feste für den ganzen Freundeskreis.
In mindestens einem dieser Bereiche haben wir das Steuer in der Hand, sind Teamleader.
„Wir sind alle auf unsere Art Leader. Wir alle fühlen uns für die Menschen in unserem Leben verantwortlich, seien es Familienmitglieder, Freunde oder Arbeitskollegen. Wir wollen unser Bestes für sie geben, uns um sie kümmern und ihnen helfen, ihr Potenzial auszuschöpfen. Wir wollen ihren Respekt und ihre Zusammenarbeit.“
(Brendan Hall: Team Spirit)
Von der Planung über die Teamarbeit bis hin zum Handeln in Notfällen: Segeln und Management haben vieles gemeinsam. Was du für deine Aufgabe auf einer Segelreise lernen kannst.

Die Herausforderung, ein Team zu leiten, beginnt bei der Motivation jedes Einzelnen – so ist es auch auf einem Segelschiff: Jede und jeder geht aus einem anderen Grund an Bord. Der eine will eine schöne, entspannte Zeit verbringen. Die nächste möchte neue Erfahrungen sammeln und ein Abenteuer erleben. Für den nächsten steht der Austausch in der Gemeinschaft im Vordergrund.
Bei einer Regatta wie „Clipper Round The World“ liegen die Erwartungen oft noch weiter auseinander: Abschalten, die Natur genießen, ist das eine Extrem – das andere: Gewinnen, als erstes Team im Hafen ankommen!
Aber was ist, wenn nicht alle am gleichen Strang ziehen? So unterschiedliche Motivationen wie in einer Segelcrew finden Leader auch in Projektteams, Abteilungen oder Sportmannschaften vor. An Bord wird besonders schnell deutlich, was das bedeutet. Auf dem offenen Meer kann sich niemand der Situation entziehen. Die Herausforderung muss erkannt, eine Lösung erarbeitet werden.
Wie gelingt es, dass ein Team trotz unterschiedlicher Beweggründe gut zusammenarbeitet? An Bord wirst du dir dieser Herausforderung bewusst und lernst Wege, um als Leader damit umzugehen.
Egal ob du eine Abteilung leitest, ein eigenes Business führst oder den Urlaub mit der Familie organisierst: Auf eine gute Planung kommt es an. Beim Segeln kannst du zu einem Planungsprofi werden. Ziel des „passage planning“ ist, eine sichere und effiziente Überfahrt zu gewährleisten.
Alles beginnt damit, dass du ein klares Ziel – den Endpunkt deiner Reise – und die Route bestimmst. Du planst den Tagesablauf, organisierst die Aufgaben an Bord, besorgst Proviant und Ausrüstung. Du überlegst, wie die Crew zusammengesetzt sein sollte. Vom Businessplan über die Projektplanung bis hin zur Teamzusammenstellung: Das alles ist aufs Management übertragbar.
„Wohin geht die Reise? Wie groß sollte die Crew sein? Welche Experten brauchst du an Bord? Bei einer Atlantiküberquerung sollte ein Arzt dabei sein. Bei einem Projekt ist vielleicht spezielles technisches Know-how gefragt. Für dein Business brauchst du vielleicht einen Webdesigner, der deine Homepage kreiert.“
(Michael Meudt, Segler, Coach und Buchautor)
Beim Segeln orientierst du dich mit Hilfe von Navigationsgeräten. Früher waren es Leuchttürme, die in der Nacht den Weg in den nächsten Hafen wiesen. Leuchttürme helfen auch bei der Umsetzung eines Projekts oder auf dem Weg zu einem erfolgreichen Business – Zwischenziele mit deinem Team, ein konkretes Umsatzziel oder eine ähnliche Aufmerksamkeit wie dein Mitbewerber.
Es ist wichtig, Leuchttürme als Fixpunkte im Leben zu haben, auf die du bei deinem „passage planning“ hinarbeiten kannst. Sie sind Stationen auf dem Weg zur Umsetzung deiner Vision.


Wer kurz davor steht, auf einen Segeltörn aufzubrechen, schaut vor allem auf eines: das Wetter. Sind die Bedingungen zum Segeln gut? Wird es Sturm geben? Oder ist eine Flaute zu erwarten? Auch im Management ist die Wetterlage ein wichtiges Thema, das aber häufig unterschätzt wird. Wenn du mit deinem Team ein neues Produkt planst oder eine eigene Firma gründest, ist ein Blick auf die äußeren Umstände ein unumgänglicher Punkt bei der Planung: Schaue auf deine Mitbewerber, die Zielgruppe, neue Trends und Erfindungen, die Gesamtstimmung am Markt.
Nur so kannst du dich auf den Start eines Projekts optimal vorbereiten und die Segel für den Erfolg deines Teams setzen. Lerne, die Wetterlage einzuschätzen und den Markt im Blick zu haben.
Beim Segeln sind häufig schnelle Entscheidungen nötig. Was ist zu tun, wenn der Wind stärker wird? Wenn ein Segel reißt? Jedes Crewmitglied trägt einen Teil dazu bei, dass das Schiff am Ende sicher in den Zielhafen einlaufen kann. Im optimalen Fall übernehmen alle Verantwortung und steuern zum Gelingen der Reise bei. Das Team berät, diskutiert, unterstützt sich gegenseitig – die
letzte Entscheidung liegt aber beim Skipper. Er oder sie hat die oberste Verantwortung an Bord.
Zu seinen oder ihren Aufgaben gehört, für die Sicherheit auf dem Schiff zu prüfen, für eine gute Kommunikation im Team zu sorgen und im Notfall schnell und effizient zu handeln, zum Beispiel eine Rettungsaktion zu koordinieren. Der größte Teil der Arbeit eines Skippers ist „Führungsarbeit“ – das Team managen, organisieren, Konflikte moderieren, für ein gutes Arbeitsklima sorgen. Sein
Fachwissen ist eine wichtige Grundlage. Viel gefragter sind jedoch seine Qualitäten als Leader. Bei Fachfragen können Skipperinnen oder Skipper sich an die Experten an Bord – oder auch an Land – wenden.


An Bord eines Segelschiffes merkst du schnell, dass sich die Crew erst einmal eingrooven muss.
Unterschiedliche Persönlichkeiten kommen zusammen, nicht sofort läuft alles rund. Was kannst du aus dieser Erfahrung mitnehmen? Du lernst Teamprozesse zu verstehen: Durch welche Phase geht ein neues Team? Wie findet jede und jeder seine Rolle? Wie werden Potenziale erkannt?
Auch die Kommunikation und Reflexion im Team ist ein großes Thema: Wie gelingt ein konstruktiver Umgang mit Fehlern? Wie wird Wissen weitergegeben? Auch das ist ein wichtiges Thema an Bord: Auf einem Schiff besteht immer die Gefahr, dass jemand wegen Krankheit ausfällt.
Auch den Skipper kann es treffen. Für diesen Fall muss er frühzeitig vorsorgen, sein Wissen undkonkrete Aufgaben an weitere Crewmitglieder weitergeben. So kann die Reise, die Arbeit, das Unternehmen weiterlaufen, auch wenn der Leader das Team gerade nicht unterstützen kann.
Auch daraus kannst du für das Management lernen: Nie solltest du als Leader dein Wissen für dich behalten. Ein Projekt, ein Unternehmen, kann nur laufen, wenn dein Team weiß, was zu tun ist.
Auf dem Meer gibt es keinen festen Standpunkt: In einer Umgebung, die sich ständig verändert, ist es schwierig oder sogar unmöglich, eine feste Position einzunehmen. Viel wichtiger ist es, flexibel und anpassungsfähig zu bleiben. Auf einem Segelschiff kann niemand aussteigen, von Bord gehen oder sich von der Arbeit krankschreiben lassen. Bis zur Ankunft im Hafen müssen alle zusammen bleiben, Herausforderungen annehmen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Niemand kann die Bedingungen ändern, alle können lediglich versuchen, so gut wie möglich mit ihnen umzugehen.
„Das größte Learning an Bord ist Empathie. Du kannst Wind und Strom nicht ändern. Du kannst nicht gegen die Natur handeln. Du musst dich den äußeren Umständen anpassen und sie für deine Ziele nutzen. Erkennen, was passiert – das ist fast evolutionär.“
(Michael Meudt, Segler, Coach und Buchautor)
Was passiert, wenn du dich den äußeren Umständen anpasst, die Segeln richtig setzt und dein Team auf Kurs bringst? Dich in deine Zielgruppe hineinversetzt und die Mitbewerber im Blick hast? Dann kannst du mit deinem Team, deinem Projekt oder deinem Business in einen Flow kommen. Du kannst auch bei höheren Windstärken auf dem Markt erfolgreich sein. Du kannst anderen davon
segeln – und nicht zuletzt – viel Kraft aus deiner Aufgabe als Leader schöpfen.

Quellen: „Team Spirit“ von Brendan Hall; Hintergrundgespräch mit Segler, Coach und Buchautor Michael Meudt